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Foto Hochwasser
Kolonne Truppentransporter, Lange Straße (Standesamt/Rathaus)
Foto: Manfred Frömel
Foto Sperrmüll
Marktstraße: Aufräumen nach der Überschwemmung.
Foto: Werner Hennig


Hochwasser in Lippstadt, 1965 (Heinrichsflut)

30 Fotos
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Am Samstag, dem 17. Juli 1965, fand in Lipp­stadt noch der Wo­chen­markt statt. An der Lippe sam­mel­ten sich Schau­lus­tige, um den ho­hen Wasser­stand der Lippe und die Strö­mung zu be­obach­ten. Zu­nächst war nicht von einer dro­hen­den Über­flu­tung aus­ge­gan­gen wor­den.

Doch um 13:30 Uhr löste Stadt­direk­tor Herhaus den Katas­trophen­alarm aus. Die Ein­wohner wuss­ten den Sirenen-Warnton je­doch nicht zu deuten. Die Telefon­verbin­dun­gen fie­len aus.

Um 14:30 Uhr er­reichte Lipp­stadt ver­spätet die Nach­richt vom Deich­bruch an der Tannen­berg­straße in Lipperode. Die Lippe über­schwemmte Lipperode mit 1,50 m und den nörd­lichen Teil der Lipp­städ­ter Innen­stadt mit bis zu 80 cm Wasser­stand auf den Stra­ßen (Über­flu­tung um 16 Uhr).

Der elektrische Strom wurde ab­ge­schaltet, um Strom­schläge zu ver­mei­den. Die Bundes­wehr ver­teilte 30.000 Sand­säcke an die Lipp­städ­ter. Das Was­ser spülte auch Schlamm in die Keller, wo es sich mit Öl aus den Heiz­öl­tanks mischte. Alle Vor­räte, die da­mals noch tradi­tio­nell im Keller la­ger­ten, wur­den da­durch un­brauch­bar, eben­so die Ein­rich­tun­gen.

In den Heimatblättern von 2015 be­schreibt Eva-Maria Dahl­kötter, wie am Qualen­brink das Was­ser noch bis zum Sonntag­morgen an­stieg. Sie waren quasi im Haus ein­ge­schlossen, hat­ten drei Tage lang kein Tele­fon und kei­nen Strom, und konn­ten des­halb auch kein Radio hören.

In den folgenden Tagen muss­ten in weiten Tei­len der Stadt die Keller leer­ge­pumpt, leer­ge­räumt, der Schlamm raus­ge­schau­felt und der Sperr­müll ab­ge­fahren wer­den.

Wie Frau Dahlkötter schrieb, erlitt das Katho­li­sche Kranken­haus 5 Mil­lio­nen DM Scha­den, weil teure Appa­rate unter Was­ser stan­den, die erst zwei Wochen zuvor Sou­ter­rain ein­ge­baut wor­den waren. Und im Evan­ge­li­schen Kranken­haus fie­len für meh­rere Tage die Toilet­ten aus, so dass die Fäka­lien in Eimern trepp­ab nach drau­ßen ge­tra­gen wer­den muss­ten.

Allein die Schä­den an kommu­na­len Ge­bäu­den, Stra­ßen und der Kanali­sa­tion be­lie­fen sich für die Stadt Lipp­stadt auf 1,3 Mil­li­onen DM (das wären heute ca. 3,2 Mio. Euro, ver­mut­lich zu­züg­lich er­heb­li­cher Mehr­kosten durch heu­tige, hö­here Bau­stan­dards).

Anlässlich des 50. Jahres­tags ver­öf­fent­lichte Der Pa­t­riot 2015 ei­nige Fo­tos. Auf einem Bild ist zu se­hen, wie be­reits am Mon­tag, dem 19. Juli 1965, Pflaster­arbei­ten am auf­ge­ris­senen Bürger­steig an der Cappel­straße statt­fan­den.

2013 wurde auf dem Lippebug ein Flut­modell instal­liert, ge­stif­tet von Fami­lie Junge­blodt. Auf zwei Dolomit­blöcken aus An­röchte ruht eine 700 kg schwere Alu­minium­platte, in die im Lipp­städ­ter Ideal-Werk ein Modell der Alt­stadt ein­ge­fräst wurde. Auf das Modell kann man Was­ser lau­fen las­sen und per Schiebe­regler ver­schie­dene Wasser­stände simu­lie­ren, vom Normal­stand bis hin zum Höchst­stand der Flut von 1965.

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Vielen Dank für die bereit­gestell­ten Fo­tos aus Lippe­rode und Lipp­stadt. Wer Er­inne­run­gen an das Hoch­was­ser hat, kann mir gerne eine E-Mail schrei­ben, um es auf die­ser Seite zu er­gän­zen.

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In den Wochen vor der Überflutung hatte es un­ge­wöhn­lich viel ge­reg­net. Die Böden wa­ren ge­sät­tigt und die Flüsse hat­ten hohe Pegel­stände. In den Niede­rungen stan­den schon kleine Seen auf Fel­dern und Wie­sen. Der letzte Aus­löser für die Lippe-Flut war ein Ge­wit­ter, dass am Vor­tag von Nieder­sachsen kom­mend den Pader­bor­ner Raum er­reichte.
Jener Frei­tag, der 16. Juli 1965, ging als "schwar­zer Frei­tag" in die Ge­schichte ein, da sich der frühe Nach­mittag zur Nacht ver­dun­kelte. Bei dem wolken­bruch­arti­gen Stark­regen fiel in weni­gen Stun­den so viel Nieder­schlag wie sonst in zwei Mona­ten zu­sam­men.

Dörfer im Paderborner Umland wur­den ohne Vor­war­nung von der Flut ein­ge­schlos­sen, ohne Mög­lich­keit zur Kom­muni­ka­tion. Die Täler lie­fen voll wie eine Wanne. Bewohner ver­such­ten sich und ihre Stall­tiere ins obere Stock­werk und auf Dächer zu retten.
11 Menschen starben unter drama­ti­schen Um­stän­den, teils bei miss­glück­ten Ret­tungs­versuchen durch die Bundes­wehr.
Durch das nach Osten weiter­ziehende Un­wetter star­ben auch in der DDR drei Men­schen.

Eine kurze Reportage der WDR Lokal­zeit OWL auf ↗YouTube.

Als Reaktion auf die Heinrichs­flut wurde 1971 vom dama­li­gen Kreis Büren, Kreis Pader­born und Kreis Lipp­stadt der ↗Wasser­verband Obere Lippe ge­grün­det, mit dem Ziel, die Region vor Hoch­wasser zu schüt­zen. Mit Unter­stüt­zung des Landes NRW wur­den rund 50 Mil­lio­nen Euro in den Bau von Rück­halte­becken und in die Rena­tu­rie­rung von Ge­wäs­sern in­ves­tiert, z.B. für die Lippe-Rena­tu­rie­rung bei Lipp­stadt.

Text: Jörg Rosenthal
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